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Das Versorgungssystem - Behandlungsmöglichkeiten
Behandlungssettings – die Fakten
Die eben beschriebenen psychotherapeutischen und/oder medikamentösen Behandlungsoptionen für psychische Erkrankungen werden im deutschen Versorgungssystem im Wesentlichen in vier verschiedene Behandlungssettings angeboten:
- Ambulante Behandlung
Eine ambulante Psychotherapie und/oder medikamentöse Behandlung wird in der Regel von niedergelassenen psychologischen Psychotherapeuten oder Fachärzten (Psychosomatik und Psychotherapie, Psychiatrie und Psychotherapie, Nervenheilkunde) angeboten. Meist finden wöchentlich Einzelgespräche statt. Die Kosten für die Behandlung übernimmt in der Regel die Krankenkasse.
- Teilstationäre Behandlung (Tagesklinik)
Tageskliniken befinden sich meist in psychiatrischen oder psychosomatischen Kliniken oder Abteilungen. Das therapeutische Angebot umfasst ähnlich wie bei der vollstationären Behandlung z.B. eine medikamentöse Therapie, psychotherapeutische Gespräche (Einzel, Gruppe), Kunst-, Musik- oder Ergotherapie, Entspannungstrainings, Sport- und Bewegungstherapie. Dieses Angebot steht Patienten fünf Tage pro Woche tagsüber zur Verfügung. Dementsprechend müssen Patienten so stabil sein, dass sie die Abende und die Wochenenden in ihrer eigenen Wohnung bzw. bei ihrer Familie verbringen können. Die Tagesklinik sollte also in räumlicher Nähe zum Wohnort liegen. Die Kosten für die Behandlung übernimmt in der Regel die Krankenkasse.
- Stationäre Krankenhausbehandlung
Eine stationäre Behandlung kann stattfinden in:
- Krankenhäusern oder Abteilungen für Psychiatrie und Psychotherapie (Psychiatrie)
- Krankenhäusern oder Abteilungen für Psychosomatik und Psychotherapie (Akutpsychosomatik)
Bei beiden stationären Krankenhausbehandlungen ist das Ziel der Behandlung die Wiederherstellung der Gesundheit. Während einer stationären Behandlung übernachten Patienten im Krankenhaus und erhalten ein therapeutisches Angebot, das in der Regel Einzel- und Gruppentherapien, medikamentöse Behandlung, Kunst-, Musik- oder Ergotherapie, Entspannungstrainings, Sport- und Bewegungstherapie umfasst. Die Kosten für die Behandlung übernimmt die Krankenkasse. Manche Stationen sind auf bestimmte psychische Erkrankungen spezialisiert, andere verfolgen einen übergreifenden Ansatz. Meist wird eine stationäre Therapie entweder durch den Arzt oder Psychotherapeuten veranlasst oder erfolgt im Notfall kurzfristig über die Notaufnahme.
- Ganztägig ambulante und stationäre psychosomatische Rehabilitation („Reha“)
Eine ganztägig ambulante oder stationäre Rehabilitationsbehandlung wird in Kliniken für psychosomatische Rehabilitation angeboten. Das therapeutische Angebot umfasst in der Regel nicht nur psychotherapeutische Einzelgespräche, Gruppentherapien und ggf. eine medikamentöse Behandlung, sondern auch Schulungen und Beratungen, um mit der Erkrankung und ihren Folgen besser umgehen zu können, Sport- und Bewegungstherapie, Ergotherapie und bei Bedarf Ernährungsberatung und Sozialberatung. Die Kosten werden in der Regel von der Deutschen Rentenversicherung oder in manchen Fällen von der Krankenkasse getragen. Ein besonderer Fokus der Rehabilitation der Rentenversicherung liegt auf dem Ziel, die Erwerbsfähigkeit der Versicherten wieder herzustellen bzw. zu erhalten.
Welches dieser Behandlungssettings für Sie das richtige ist, hängt von der Art Ihrer Erkrankung, dem Schweregrad, und insbesondere von Ihren eigenen individuellen Bedürfnissen und Wünschen ab. Auch die Verfügbarkeit der jeweiligen Behandlungssettings, der Wartezeiten und der örtlichen Entfernung ist zu beachten.
Im Folgenden finden Sie daher zu Ihrer Unterstützung eine Gegenüberstellung der verschiedenen Behandlungssettings im deutschen Versorgungssystem bezüglich verschiedener Fragen, die wichtig für Ihre Entscheidung sein können (Tabelle 1).
Tabelle 1: Behandlungssettings im Vergleich
FAQs |
Ambulante Behandlung |
Teilstationäre Behandlung (Tagesklinik) |
Stationäre Krankenhausbehandlung |
Ganztägig ambulante und stationäre psychosomatische Rehabilitation („Reha“) |
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Für wen ist das Setting besonders geeignet? |
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Welche zentralen Ziele verfolgt die Behandlung? |
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Wie lange dauert die Behandlung? |
Verhaltenstherapie
Tiefenpsychologisch fundierte Therapie
Analytische Psychotherapie (Psychoanalyse)
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Was beinhaltet die Behandlung? |
Verhaltenstherapie
Tiefenpsychologisch fundierte Therapie
Analytische Psychotherapie (Psychoanalyse)
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Wer trägt die Kosten für die Behandlung? |
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Was muss ich tun, um eine Behandlung beginnen zu können? |
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Wie lange muss ich auf die Behandlung warten? |
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Was passiert am/ nach Ende der Behandlung? |
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Wie finde ich eine Behandlung in meiner Nähe? |
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Vor- und Nachteile
Im Folgenden finden Sie eine Auflistung möglicher Vor- und Nachteile zu den verschiedenen Behandlungssettings. Beachten Sie hierbei, dass es maßgeblich von ihrer persönlichen Situation abhängt, was für oder gegen ein bestimmtes Setting spricht.
Behandlungssetting |
Vorteile |
Nachteile |
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Ambulante Behandlung |
Im Vergleich zu einer (teil-)stationären Behandlung ist der Zeitaufwand geringer. Sie können in Ihrem vertrauten Umfeld, z.B. nah bei Familie/ Freunden, bleiben. Sie können weiterhin allen familiären, sozialen und beruflichen Verpflichtungen soweit möglich nachkommen. Bei manchen Störungen kann es sinnvoll und notwendig sein (z.B. Eine ambulante Psychotherapie kann ohne Krankschreibung auch neben dem Beruf durchgeführt werden, für eine stationäre Behandlung muss man sich krankschreiben lassen.
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Bei einer schweren Erkrankung oder wenn mehrere Erkrankungen gleichzeitig vorliegen, kann eine ambulante Behandlung zu wenig intensiv sein. Falls eine Kombinationsbehandlung (Psychotherapie + Psychopharmaka) benötigt wird, muss meist ein weiterer Behandler aufgesucht werden. Wenn Sie z.B. eine ambulante Psychotherapie bei einem psychologischen Psychotherapeuten machen, müssen Sie zusätzlich einen ärztlichen Behandler (z.B. Psychiater, Hausarzt) zum Verschreiben eines Medikamentes aufsuchen. Die Suche nach einer ambulanten Therapie kann oft langwierig sein, da Praxen oft lange Wartezeiten haben und viele Patienten abweisen müssen. Sich davon nicht entmutigen zu lassen und weiterzusuchen, kann v.a. für schwer belastete Patienten schwierig sein. |
Teilstationäre Behandlung (Tagesklinik) |
Sie können in Ihrem vertrauten Umfeld, z.B. nah bei Familie/ Freunden, bleiben, da Sie weiterhin zu Hause übernachten (die Tagesklinik sollte daher wohnortsnah sein). Die Behandlung ist durch das tägliche Therapieprogramm ganzheitlicher, umfangreicher und intensiver als bspw. bei einer ambulanten Psychotherapie. Gleichzeitig kann das Gelernte abends und an den Wochenenden direkt im gewohnten Umfeld angewendet und geübt werden. Dadurch wird der Übergang zurück in das alltägliche Leben einfacher gemacht. Bei höherem Unterstützungsbedarf im Alltag kann eine Behandlung in der Tagesklinik durch das ganztägliche Angebot helfen, wieder eine geregelte Tagesstruktur aufzubauen. Medizinische Behandlung ist integriert, sodass z.B. eine Kombinationsbehandlung (Psychotherapie + Psychopharmaka) erleichtert ist. Durch die Zusammenarbeit verschiedener Berufsgruppen besteht die Möglichkeit neben psychotherapeutischer und medikamentöser Behandlung auch andere Angebote zu nutzen (z.B. Bewegungs- und Entspannungstraining, Kunst-, Musik- oder Ergotherapie, Sozialberatung) |
Im Vergleich zu einer ambulanten Behandlung ist der Zeitaufwand höher. Durch das tägliche Therapieprogramm können alltägliche Aufgaben nur begrenzt erfüllt werden, was ggf. Auswirkungen auf den bisherigen Alltag haben kann (z.B. Familie, Beruf). Weiterhin abends und am Wochenende im vertrauten Umfeld zu sein kann bei einem belastenden Umfeld ein Nachteil sein. |
Stationäre Krankenhausbehandlung |
Das stationäre Setting bietet eine geschützte Umgebung und eine Entlastung von alltäglichen Verpflichtungen, z.B. in der Familie oder im Beruf. Bei schwerer Belastung ist eine akute Krisenbehandlung möglich, z.B. wenn Sie nicht mehr fähig sind ihren Alltag zu bewältigen, sich selbst zu versorgen oder durch Ihr Verhalten sich selbst oder andere gefährden. Bei einer belastenden familiären oder beruflichen Situation kann die geschützte Umgebung und der Abstand zum gewohnten Umfeld heilsam und ein wichtiger Schritt zur Genesung sein. Eine medizinische Behandlung ist im Behandlungskonzept integriert, sodass z.B. eine Kombinationsbehandlung (Psychotherapie + Psychopharmaka) erleichtert ist. Durch die Zusammenarbeit verschiedener Berufsgruppen besteht die Möglichkeit, neben psychotherapeutischer und medikamentöser Behandlung auch andere Angebote zu nutzen (z.B. Bewegungs- und Sporttherapie, Entspannungstraining, Kunst-, Musik- oder Ergotherapie, Sozialberatung). |
Im Vergleich zum ambulanten Setting besteht ein höherer Zeitaufwand. Alltägliche Aufgaben können während der Behandlung nicht erfüllt werden, was ggf. Auswirkungen auf den bisherigen Alltag haben kann (z.B. Familie, Beruf). Eine stationäre Behandlung kann nicht ohne Krankschreibung neben dem Beruf durchgeführt werden. |
Ganztägig ambulante und stationäre psychosomatische Rehabilitation („Reha“) |
Das stationäre Setting bietet eine geschützte Umgebung und eine Entlastung von alltäglichen Verpflichtungen, z.B. in der Familie oder im Beruf. Bei einer belastenden familiären oder beruflichen Situation kann die geschützte Umgebung und der Abstand zum gewohnten Umfeld heilsam und ein wichtiger Schritt zur Genesung sein. Eine medizinische Behandlung ist im Behandlungskonzept integriert, sodass z.B. eine Kombinationsbehandlung (Psychotherapie + Psychopharmaka) erleichtert wird. Durch die Zusammenarbeit verschiedener Berufsgruppen besteht die Möglichkeit neben psychotherapeutischer und medikamentöser Behandlung auch andere Angebote zu nutzen (z.B. Bewegungs- und Sporttherapie, Entspannungstraining, Kunst-, Musik- oder Ergotherapie, Sozialberatung). Besonderer Fokus liegt auf der beruflichen Perspektive und Planung. |
Im Vergleich zu einer ambulanten oder teilstationären Behandlung besteht ein höherer Zeitaufwand. Alltägliche Aufgaben können während der Behandlung nicht erfüllt werden, was ggf. Auswirkungen auf den bisherigen Alltag haben kann (z.B. Familie, Beruf). Die Behandlung kann nicht ohne Krankschreibung neben dem Beruf durchgeführt werden. Die Tatsache, dass sich psychosomatische Rehabilitationskliniken oft wohnortsfern befinden, kann für manche Patienten/Rehabilitanden auch einen Nachteil darstellen, da Besuch oder Heimfahrten am Wochenende erschwert werden. |